Fußballfans haben Lichtblicke des Jahres 2021 gewählt

 In Studien, Votings

Das Jahr 2021 war auch aus sportlicher Sicht ein turbulentes, bei dem der Fußball sich scheinbar weiter von den Fans entfernt hat. Im April haben zwölf internationale Top-Klubs versucht eine Super League zu gründen, im Mai wurde zum ersten Mal die Änderung des WM-Rhythmus Gesprächsthema und immer wieder wurde Rassismus und Homofeindlichkeit Gegenstand in den Stadien. Doch neben all diesen misslichen Themen gab es auch viele positive Momente, die sogenannten Lichtblicke. FanQ hat daraufhin über 1.000 Fußballfans in fünf verschiedenen Kategorien ihre Lichtblicke des Jahres 2021 wählen lassen.

Kategorie “Sportliche Fairness“

In der ersten von den fünf Kategorien wurde es prompt sehr knapp. Laut den Fußballfans sind die nationalen und internationalen Fan-Proteste, die das Ende der Super League bedeuteten, der Lichtblick des Jahres 2021. Im April haben sich zwölf internationale Top-Klubs aus England, Italien und Spanien auf die Gründung eine Super League verständigt. Geplant war eine Liga mit 15 festen und 5 qualifizierten Mannschaften, die letztendlich der Champions League große Konkurrenz machen sollte. Die Gründe für die Idee waren vor allem finanzieller Natur, da die teilnehmenden Vereine laut einer Schätzung rund 700 Millionen Euro pro Saison hätten einstreichen können. Allerdings beendeten vehemente nationale und internationale Fan-Proteste die Pläne binnen 48 Stunden und brachten einen Großteil der Vereine zum Ausstieg. Für 48,9% der Fans war dies der Lichtblick des Jahres.

Dicht dahinter, mit 44,6% der Stimmen, folgen die Mannschaften vom MSV Duisburg und dem VfL Osnabrück. Während der Drittligapartie wurde Aaron Opoku vom MSV bei einer Ecke mit Affenlauten diffamiert worauf das Spiel zuerst unterbrochen wurde. Nachdem beide Mannschaften geschlossen das Feld verließen wurde die Begegnung schließlich abgebrochen. Dies war der erste Spielabbruch im Zusammenhang mit Rassismus in den drei höchsten deutschen Ligen. Ein Pressesprecher der Duisburger sagte nach der Partie: „Der Junge ist fix und alle.“ Das Spiel wurde Anfang dieses Jahres mit Sondertrikots, die auf Toleranz und Gleichheit aufmerksam machen, wiederholt und endete mit 6:3 für Osnabrück.

Kategorie “Vielfalt und Chancengleichheit“

Ähnlich wie bei Duisburg und Osnabrück geht es in dieser Rubrik um den Einsatz gegen Diskriminierung und die Forderung nach Gleichheit. Besonders dominieren hier positive Momente von der paneuropäischen Europameisterschaft im vergangenen Juni und Juli. Für 22,5% der Befragten, und damit auf dem dritten Rang, ist die Nutzung der Regenbogenfarben rund um das Turnier ein wahrlicher Hoffnungsschimmer. Damit wurde ein Statement gegen Diskriminierung der LGBTQ-plus-Bewegung gesetzt.

Ein ebenso aussagekräftiges Zeichen gegen Diskriminierung gab es durch den Kniefall vieler Spieler vor Anpfiff der EM-Partien. Der Ursprung dieser Geste liegt in Amerika, um genau zu sein beim ehemaligen NFL-Profi Colin Kapernick, der sich während der amerikanischen Nationalhymne nicht erhoben hat um auf diese Missstände aufmerksam zu machen. Seitdem wurde der Kniefall oft kopiert und kam besonders bei der englischen Nationalmannschaft während der EM zum Einsatz. Auch die DFB-Elf kniete vor dem Achtelfinale gegen England nieder um Solidarität zu zeigen, wie Manuel Neuer erklärte. Mit 30,0% der Stimmen liegt dieses Zeichen auf dem zweiten Platz.

Die meisten Stimmen (35,1%) bekam allerdings der Herz-Jubel von Leon Goretzka im Gruppenspiel gegen Ungarn. Ziemlich genau zum Beginn der EM wurde in Ungarn ein Gesetz gebilligt, das die Informationsrechte und den Schutz von homosexuellen und transsexuellen Jugendlichen einschränkt. Um gegen diesen Beschluss ein Zeichen zu setzen, sollte die Allianz Arena am Spieltag in Regenbogenfarben leuchten. Allerdings hat die UEFA ein entsprechende Symbolisierung verboten, aufgrund der politischen Absichten dahinter. Während des Spiels fing daraufhin ein Teil der Gästefans mit homofeindlichen Sprechchören gegen Deutschland an. Als Leon Goretzka dann in der 85. Minute des Spiels der Ausgleich zum 2:2 gelang, der für die Nationalmannschaft das Weiterkommen bedeutete, lief der Bayern-Profi vor die ungarische Kurve und formte als Zeichen gegen Hass und Homophobie ein Herz mit beiden Händen. Für viele Fans ist diese Geste vom Nationalspieler der Lichtblick des Jahres.

Kategorie “Ökologische Orientierung“

In dieser Rubrik geht es besonders um Nachhaltigkeit, die in unserer heutigen Gesellschaft einen großen Stellenwert einnimmt. Und wie schon in den beiden anderen Kategorien zuvor, kommt der Lichtblick des Jahres mit Union Berlin aus Deutschland. Die Köpenicker haben im Juli das Projekt “Waldmeister“ zusammen mit den Berliner Forsten gestartet. Dadurch haben sie auf die von Trockenheit, von Vermüllung und von mutwilliger Beschädigung geplagten Wälder rund um die Hauptstadt aufmerksam gemacht. Passend dazu wurde das Ausweichtrikot der Saison 2021/22 mit viel Grün versetzt. Pro verkauftem Sportdress haben die “Eisernen“ fünf Euro für die Bepflanzung neuer Bäume im Stadtteil Köpenick gespendet. Mit 33,8% der Stimmen ist dies der Lichtblick des Jahres 2021.

Auch der zweite Platz (28,6%) dreht sich um Nachhaltigkeit in Verbindung mit Trikots. Der Zweitligist FC St. Pauli hat bereits Ende 2020 angekündigt ab dem Beginn der bereits laufenden Saison mit “DIIY“-Trikots aufzulaufen unter dem Motto: „Alles muss man selber machen!“ Schon länger hat sich der Verein um eine nachhaltige Herstellung der Trikots bemüht, allerdings keinen passenden externen Produzenten gefunden, der den hohen Ansprüchen genügte. Deswegen hat der Verein beschlossen, die Herstellung selbst zu übernehmen und die „nachhaltigste Teamsportkollektion der Welt zu produzieren.“ Damit will man dem ausdrücklichen Wunsch der Mitglieder nach mehr Nachhaltigkeit entsprechen.

Kategorie “Nachhaltig, sozial und fair – international“

Nicht nur in Deutschland, sondern auch im internationalen Geschehen gab es einige positive Momente im vergangenen Jahr, die es nicht zu vernachlässigen gilt. Beispielsweise der erste internationale Einsatz einer Schiedsrichterin im Männerfußball mit Stephanie Frappart oder aber der Einsatz von US-Spielerin Megan Rapinoe um Gleichbehandlung und Gerechtigkeit. Dabei haben die Fans besonders für zwei schöne Momente abgestimmt.

Platz zwei der Rubrik belegt Die U12 aus der “La Masia“ des FC Barcelona mit 34,1% der Stimmen, die trotz eines am Boden liegenden Gegenspielers ein Tor erzielt hat. Als die Mannschaft dies realisierte, ließen sie den Gegner vom Anstoß an durchlaufen und ein Tor erzielen, um getreu der Fairness zu handeln.

Ganz knapp, mit nur 0,4% Vorsprung, wurde Josh Cavallos Coming Out als Lichtblick des Jahres in der Rubrik gewählt. Im Oktober letzten Jahres outete sich der australische Profi als homosexuell und ist seitdem der erste öffentlich bekennende schwule Profifußballer der Welt. Danach bekam der Spieler von Adelaide United viel Zuspruch aus allen Teilen der Welt, erfuhr zuletzt aber trotzdem homophobe Anfeindungen während eines Spiels. „Ich kann nicht in Worte fassen, wie enttäuscht ich war“, sagte der 22-jährige. Für seine mutige und offene Entscheidung haben die Fußballfans ihn aber auf den ersten Platz gewählt.

 

Kategorie „Soziales Engagement“

Zu Guter Letzt gibt es mit dem Innenverteidiger Simon Kjaer nochmals einen internationalen Sieger beim Lichtblick des Jahres 2021. Die Umfrageteilnehmer haben den Kapitän der dänischen Nationalmannschaft mit 68,2% und großem Abstand auf den ersten Platz gewählt. Als Christian Eriksen im EM-Gruppenspiel gegen Finnland einen Herzstillstand erlitt, erkannte der Innenverteidiger die brenzlige Lage frühzeitig und brachte seinen Freund und Mannschaftskollegen in die stabile Seitenlage. Danach kümmerte sich der 32-jährige um die Spieler seiner Mannschaft und tröstete später gemeinsam mit Torwart Kasper Schmeichel minutenlang Eriksens Freundin, die aufgelöst auf den Platz gestürmt war. Glücklicherweise konnte Eriksen wiederbelebt werden, auch dank des Verhaltens seiner Mitspieler. Nachdem das Spiel fortgesetzt wurde, musste sich der Kapitän eine Viertelstunde nach der Pause auswechseln lassen, weil er zu betroffen von diesem Vorfall war. „Er wollte es versuchen, aber es war unmöglich. Die Gefühle haben ihn übermannt“, sagte Trainer Hjulmand später und führte aus: „Ich könnte nicht stolzer auf diese Gruppe von Menschen sein, die sich gut umeinander kümmern.“ Allen voran ging Simon Kjaer an diesem Abend.

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